Die Nationale Gedenkstätte in Łambinowice
Der Lagerkomplex aus dem Zweiten Weltkrieg
Die Gefangenenlager für Soldaten und Unteroffiziere, die die deutschen Behörden während des Zweiten Weltkriegs errichten ließen, nannte man Stalags (kurz für Kriegsgefangenen-Mannschaftsstammlager). Ihr grundlegender Zweck war die Isolation von Angehörigen feindlicher Streitkräfte und ihre Heranziehung als Arbeitskräfte für die deutsche Wirtschaft. In Lamsdorf existierte zwischen 1939 und 1945 ein deutscher Gefangenenlagerkomplex, der nach dem Vorbild anderer Lager dieser Art im Dritten Reich eingerichtet war.
Das erste Lager entstand dort am 26. August 1939 in südöstlichen Teil des Truppenübungsplatzes Lamsdorf. Es war das Dulag B, eines von gut ein Dutzend Durchgangslagern, die auf Veranlassung der deutschen Militärbehörden im östlichen Grenzland des Reiches, nahe der zukünftigen Frontlinie, errichtet wurden. Bereits im Oktober 1939 erhielt das Dulag B allerdings den Status eines Dauerlagers für einfache Soldaten und Unteroffiziere und wurde fortan als Stalag VIII B Lamsdorf bezeichnet. Ab den ersten Septembertagen 1939 brachte man dorthin Soldaten der Polnischen Streitkräfte, die man anschließend 1940 teils ins Innere des Reiches weiterschickte und teils aus der Gefangenschaft entließ, indem man ihren Status in den ziviler Arbeiter änderte. Allein bis zu den ersten Oktobertagen 1939 waren etwa 43.000 polnische Soldaten sowie Zivilisten (u.a. Pater Maximilian Kolbe) durch das Lager gegangen.
Im Stalag VIII B wurden bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Kriegsgefangene verschiedener gegen Deutschland kämpfender Armeen festgehalten, hauptsächlich der britischen Armee – daher bezeichnete man das Lager gemeinhin als Britenlager. Bis heute hat nur Weniges an Lagerbauten überdauert: einige Brandschutzbecken und Restteile von Wohnbaracken und Lagerräumen; erhalten geblieben ist auch die Kastanienallee, auf der Gefangene entlanggeführt wurden.
Im Frühjahr 1941 begannen die Arbeiten an der Errichtung eines zweiten Lagers – des Stalags 318, das kurz später in Stalag VIII F Lamsdorf umbenannt wurde. Das Lager entstand ca. 1,5 km nordwestlich vom bereits bestehenden Stalag VIII B. Im Jahr 1943 erfolgten weitere organisatorische Änderungen, in deren Folge das Stalag VIII F Lamsdorf seine Eigenständigkeit verlor und nunmehr dem Stalag VIII B Lamsdorf unterstellt war, dem bald darauf auch das entlegene Stalag VIII D Teschen (Cieszyn) untergeordnet wurde. Im Zusammenhang damit blieb das Stalag VIII B Lamsdorf bis zur erneuten Abkopplung des Lagers im tschechischen Cieszyn (Tešín) das größte Kriegsgefangenenlager in Europa.
Gegen Ende 1943 wurde infolge einer weiteren Reorganisation das Stalag 344 Lamsdorf errichtet. Dieses bestand aus zwei Teilen: dem Britenlager (zuvor Stalag VIII B Lamsdorf) und dem Russenlager (zuvor Stalag 318/VIII F Lamsdorf). Beide blieben bis zum Kriegsende in Funktion, wobei im ersteren erträglichere Lebensbedingungen herrschten als im letzteren. Das Britenlager verfügte über gemauerte Baracken und gegenüber den dort festgehaltenen Gefangenen kamen die Bestimmungen der Genfer Konvention von 1929 zur Anwendung. Das Russenlager hingegen galt den am zahlreichsten vertretenen und von den Deutschen am schlechtesten behandelten sowjetischen Kriegsgefangenen. Die Sterblichkeit unter ihnen war enorm. Bis 1945 gelangten rund 200.000 Soldaten der Roten Armee in das Lager. Etwa 40.000 von ihnen starben aufgrund von Kälte, Krankheiten und Auszehrung. Anfänglich wurden die sowjetischen Gefangenen unter freiem Himmel kaserniert, sie mussten sich in mit eigenen Händen gegrabenen Erdhöhlen vor der Kälte schützen. 1944 brachte man ca. 6.000 Warschauer Aufständischen in das Russenlager, u.a. Rittmeister Witold Pilecki, Oberst Jan Rzepecki, Oberstleutnant Franciszek Rataj, den leisen Dunklen (Soldat der Spezialeinheit „Cichociemni“) Stefan Bałuk, Jan Kazimierz Zawodny, Aleksander Gieysztor, Witold Kula, Leon Schiller und Roman Bratny. Materielle Spuren dieses Lagers sind heute die einzigartigen Barackenreste, eine von weit her sichtbare Hydrophoranlage sowie ein rekonstruierter Wachturm und Zaun.
Insgesamt rund 300.000 Kriegsgefangene aus einigen Dutzend Nationen gingen während des Zweiten Weltkriegs durch die Lamsdorfer Gefangenenlager. Im Januar 1945 begann die Evakuierung der Gefangenen zu Fuß. Truppen der Roten Armee betraten das Lager am 17. und 18. März 1945.